Alle Beiträge von wittmann_wpadmin
Tiroler Landestheater
Texte für das Tiroler Landestheater. Programmheft, Fassade, Plakate, Zeug.
Design & Animation: LWZ
Künstlerische Leitung: Irene Girkinger, Elisabeth Schack, Bettina Bruinier, Jasmina Hadžiahmetović, Katharina Duda, Marcel Leemann, Stefan Späti
Leitung Kommunikation: Christoph Brunner
Fotos: Amir Kaufmann













Burgtheater
Texte für das Wiener Burgtheater. Gemeinsam mit Teresa Guggenberger.
Design: Herburg Weiland
Künstlerische Leitung: Martin Kušej
Leitung Kommunikation: Sabine Rüter
Fotos: u.a. Matthias Horn


























Schön ist ja vieles
Publikation für das Architekturbüro Baukooperative. Neben Bildern und Fakten werden die Bauprojekte mit atmosphärischen Texten vorgestellt. Dabei gehört jeder der 11 Texte einer anderen Gattung (Dialog, Gedicht, Liste usw.) an. Es ist der Versuch, den jeweiligen Baustil auf den Schreibstil zu übertragen. Hier klicken, um alles zu lesen
Design: Roland Radschopf
Text-Konzept: Michael Wittmann
Text: Michael Wittmann, Lisa Jakob
Fotos: David Schreyer, Michael Glechner, Yannik Steer







Wiederholungen
Zu BOICUT und seiner Ausstellung Samples Of Sanity
Entlang der Piaristengasse, einer Einbahn im 8. Bezirk, parken Autos. Alte und neue, Autos mit vier oder fünf Sitzen, auch Zweisitzer stehen da. Es sind Autos in allen Größen und Formen. Manche sind silber, andere schwarz, braun, grün, blau oder anthrazit. Eingepfercht zwischen cremefarbenen Häuserblocks geben sie der Gasse ihren müden Farbton. Hier liegt das Atelier von BOICUT, es ist ein Gassenlokal, in dessen Schaufenster eines seiner Bilder hängt. In den vergangenen Wochen, es sind die letzten des Jahres, hat es sich so eingeschlichen, dass ich, wann immer ich hier zu Besuch bin, um BOICUT bei der Arbeit zuzusehen, ein kleines Spiel mache: Ich bleibe einen Moment lang vor der Eingangstür stehen und vergleiche die Farben der Leinwand im Fenster mit jenen der Karosserien. Gemeinsamkeiten sind dabei selten auszumachen. Auch heute nicht. Zu kräftig ist das HubbaBubba-Rosa seiner Bilder; das Gelb, Rot, Türkis, die Blautöne. In diesen Farben liegt kein Mittelweg, kein Kompromiss und keine Höflichkeit. Sie sind, was sie sind: laut, bold und weder pur- noch piaristisch (Wikipedia: „die Piaristen sind eine katholische Ordensgemeinschaft“).
In diesen Farben liegt kein Mittelweg, kein Kompromiss und keine Höflichkeit.
Ich stehe also vor der Glastür, möchte eintreten, doch sie ist zu. BOICUT sitzt auf einem Barhocker und föhnt. Nicht etwa seine Haare, sondern ein Bild. Unsere Blicke finden sich. Er lässt sprichwörtlich alles fallen, steht auf, kommt näher, öffnet, grüßt, tritt zur Seite und schließt nach mir wieder ab. Ein bisschen ist es, als würde ich das Zimmer eines Kindes betreten, das ich nicht besonders gut kenne. Andächtiges Durch-den-Raum-Tapsen – da liegen Gafferbänder, stehen Farbkübel und Leinwände, eine Schere liegt da, ein Basketball, eine Stirnlampe, ein Papierl, auch Stifte, Pinsel, Audio-Kassetten, dazu ein Hammer, eine Wasserwaage, Farbwalzen, ein Hocker aus Holz. BOICUT bietet mir Kaffee an, wir setzen uns. Neben uns, in Luftpolsterfolie eingepackt, lehnt Bild an Bild. Wieso er das mit dem Föhn gemacht hat, frage ich. Und er: „Das Trocknen der Farben dauert oft sehr lange und Geduld ist nicht unbedingt meine Stärke.“ BOICUT greift nach dem Feuer, es zischt ein paar Mal, dann brennt die Zigarette wieder. „Überhaupt ist die Ungeduld, der ständige Drang etwas zu tun, mein täglich grüßendes Murmeltier.“
Überhaupt ist die Ungeduld, der ständige Drang etwas zu tun, mein täglich grüßendes Murmeltier.
„Samples Of Sanity“ (kurz: S.O.S.) nennt BOICUT seine Ausstellung. Im Unterschied zu Vorangegangenem zeigt er diesmal neben Bildern und Skulpturen auch erstmals eine Sound-Installation. Ihn, der jahrelang in Punk-Bands gespielt hat, zieht es zum Ambient. Wer eine Verbindungslinie sucht zwischen dem Visuellen und dem Klang, wird schon im Titel fündig. Samples – also Vorlagen – sind das Motiv, das sich durchzieht. Farben, Formen und Töne kommen vor und kehren wieder. Das Tuch, die Briefmarke, der Bogen wie auch das Klackern der Therme. Während aus den Bildern etwas Unbekümmertes, der Fun und die Chuzpe sprechen, steht der Sound für die andere Seite. Hier wird es mystisch, unfassbar und schön; in S.O.S. kommt der Wunsch nach Ruhe und Gewogenwerden zum Ausdruck. Diese Klänge klagen nicht, sie jaulen. Mal sind sie das Mayday auf offener See, dann Hirngespinst, dann Vogellaut. Immer sind es Landschaften, die sich ausbreiten. Wir, die Hörenden, werden am Waldrand ausgesetzt, früh am Morgen, und von hier aus fortgetragen. BOICUTs Installation ist eine (41-minütige) Geisterstunde, eine Rundreise, die uns den ewigen Loop von Anfang und Ende in Ohren führt.
Während aus den Bildern etwas Unbekümmertes, der Fun und die Chuzpe sprechen, steht der Sound für die andere Seite. Hier wird es mystisch, unfassbar und schön.
Erinnerung an einen Abend, als wir wie heute auf der Couch saßen, mit Kaffee auf dem Tisch und Tabak, und BOICUT von einer tage- und nächtelang andauernden Beschäftigung mit einem Geschirrtuch sprach. Wie sehr ihn diese Streifen und Falten geflasht hätten. Ein ganz gewöhnliches Tuch wäre das gewesen. Und ich habe mich damals gefragt, ob das jetzt einfach nur das Halli-Galli-Privileg eines etablierten Künstlers ist, oder, ob doch mehr dahinter steckt? Ob sich die Begeisterung des Künstlers auf sein Werk übertragt, und von dort auf jene, die es betrachten? Und ja: BOICUTs Bilder lassen uns auf die Knie gehen, freilich nicht aus Ehrfurcht, sondern aus Empathie. Sie ermöglichen uns, in den Kosmos der Kindheit zurückzutauchen. Eine Etage tiefer zu gehen. Eben den Perspektivenwechsel: auf die Knie. Zu sehen und zu hören wie damals, als Jungspunde, und zurückzufinden zu einer Wahrnehmung, in der erstmal alles neu und unentdeckt scheint. Das Geschirrtuch veranschaulicht das. Dieser Gebrauchsgegenstand, der uns alle umgibt, aber oft untergeht in seiner bloßen Funktion und damit unsichtbar bleibt. BOICUT nimmt Teile davon und macht daraus ein Werk, das uns Sanity, also geistige Gesundung verspricht.
Im Buch Verbannt! von Ann Cotten heißt es: „Und so verklebt Erwachsensein die ganze Welt.“ Jene Werke, die bei Samples Of Sanity gezeigt werden, arbeiten gegen dieses Verkleben. Sie geben der einzelnen Form Luft und damit Wirkung; weniger als um Verschmelzung scheint es um Koexistenz, oder anders: um die Überlappung von Oberfläche und Tiefe zu gehen. Darum, dass alles Platz hat. Das Dreidimensionale neben dem Kinderstrich. Das Abstrakte neben dem Konkreten. Das Bemmerl neben dem Dings.
Dieser simple Strich – das ist es, was mir an Kinderzeichnungen so taugt.
Der Kaffee ist leergetrunken. Die Tschick ist geraucht. Wir beschließen zu gehen. Also hinaus auf die Piaristengasse, wo es mittlerweile finster ist und nur ein einzelner Jogger für Bewegung sorgt. Ich gehe voraus, BOICUT kommt nach und schließt mit einer doppelten Umdrehung ab. Wir verabschieden uns. Nachdem wir uns gewunken haben, wendet er sich noch einmal der Tür zu. Er kontrolliert, ob sie tatsächlich abgeschlossen ist. Das ist keine Überraschung. Das macht er jedes Mal, wenn wir uns sehen. Das ist sein Tick – sein wiederkehrendes Sample.
Erschienen in: Ausstellungskatalog, Wien 2022







screenshots etc.
arbeiten, die im laufe des 2021 entstanden sind. mal allein, mal mit kolleginnen und kollegen, zum beispiel für: die grünen wien, radio fm4, baukooperative, trewit etc. zum beispiel mit: zwupp, kniff, vald, studio riebenbauer, lisa jakob, kilian wittmann, jakob mayr, carla lorenz, jakob dibold, julian formanek, roland radschopf. ein fröhliches allerlei, nichts einzelnes im ganzen erkennbar, und doch schmeckt’s, wie bei einem auflauf mit kartoffel, käse, lauch und alles
(links: NOBAU Insta, Baukooperative Zeitung )

















































Vollpension Generationencafé
Ein Buch schreiben. Richtig mit Hardcover und Name vorn drauf. Hätte nicht gedacht, dass mein erstes ein Backbuch wird. Vor Weihnachten haben Lisa Edelbacher und ich für die Vollpension, das Generationencafé in Wien, ein solches konzipiert und geschrieben. OMA 2412 ist Titel und Aufbau zugleich: Denn im Buch befinden sich 24 Weihnachtsrezepte und 12 Lebensgeschichten von Senior:innen, die in der Vollpension arbeiten. Der Offenheit der Oldies ist es zu verdanken, dass die Geschichten, die wir erzählen, echt sind. Kein werbliches Feel-Good-Blabla, eher das Entgegengesetzte. https://www.vollpension.wien/product/oma2412-das-buch/
Kunde: Vollpension
Projektleitung: Moriz Piffl-Percevic
Konzept, Texte (ausgenommen Rezepte): Michael Wittmann, Lisa Edelbacher
Fotografie: Mark Glassner
Buchgestaltung: Manuel Radde
Illustrationen: LWZ
Backleitung: Noelle Sahillioglu
(genaue Credits im Buch)
















vom baumeln und wehen (ein Journal)

Ein paar Monate ist es her, vielleicht schon Jahre, ich war in der Schweiz, für ein halbes Jahr in der kleinen Stadt Biel. Dort sind lose Sätze entstanden. Ein paar davon stehen jetzt hier.
September
Baba sagen. Einsteigen, steigen, niedersetzen. Durch die Scheibe schauen. Durch die Scheibe winken. Abfahren, fahren. Zum Stehen kommen. Aufstehen, stehen. Steigen, aussteigen. Grüezi sagen.
Einzug in der neuen WG in Biel. Das Bad sagt zur Begrüßung for men. Das Deo sagt das. Die Créme. Das Duschbad. Nur nicht die Zahnpasta. Die sagt Zahnpasta.
Feminismus /
Anti-Faschismus /
Apfelmus /
Erasmus.
Nix als Beatles hören, 5 Monate Beatles, was das tut?
Der Weg hinaus aus dem Dazwischen
Die Zeit der Vorbilder ist vorbei
Von nichts hat es eine Ahnung
Es lacht, ja, es beginnt
Die Zeit vom Anfängerkind
Männer vorm Bahnhof. Sie reden, rauchen, sie trinken. Es ist dunkel. Sie sind dunkel. Komme näher. Körper spannt. Laptop im Rucksack. Sie lachen. Sehen mich. Ignorieren mich. Ich geh vorbei. Die Angst geht auch. Woher war sie gekommen? Von ihnen? Vom Bahnhof? Von wo?
Wenn jemand sagt
Das ist ist kein Spielplatz!
Frag
Was ist kein Spielplatz?
Vierter Tag. Kaum Menschenkontakt, kaum Händedruck, noch keine Umarmung. Dafür 1 Bonsai im Zimmer.
Uhr mit Weckerfunktion
Bei Uhrmacher gekauft
Ich lache oft
Er nur am Ende
dass es ok ist, wenn nicht immer alles ok ist, schreibt C.
Das Haus macht mich innen weich. Es ist so schön das Haus der Garten alles hier und dass ich da bin und diesen Ausweis hab der sagt ich darf da rein jeden Tag in das Haus 24/7 und die Menschen die Gesichter wie sie einem hallo sagen und die Bücher die hallo sagen und das Bunte in den Fenstern wie es hallo sagt (so wohlwollend). Es gibt sogar eine Fernbedienung mit der kann man das Klofenster öffnen (im 3. Stock) damit es nicht so stinkt weil Leute die schreiben denken viel und Leute die viel denken stinken viel also macht das total Sinn mit der Fernbedienung und dem Haus mit dem Schild Institut littéraire suisse.
Ein Buch braucht kein Buffet. Darum lieber Texte machen als Filme.
Du kannst dich schon ändern, wenns dir dann besser geht, sagt A. am Brunnen (nicht zu mir)
Ein Notizheft ist was holprig furzendes, aber manchmal auch ein Nicken, nach Jahren, wenn man wieder hineinschaut.
Spielerisch, körperlich – veorschen, das Leben (notorisch) verorschen. Und ernst nehmen. Das Spielen ernst nehmen.
stein ist mein material nicht
gras schon
erde auch
das weiche nicht das harte
dieser Körper dieser Text diese Unfähigkeit dieser Unfug diese Unfügigkeit
„We can do no great things – only small things with great care.“ – M. T.
depp sein / deep sein
abwechselnd
depp sein / deep sein
abwechselnd
– das mit nur Beatles hören klappt nicht.
Ich bin so unglaubwürdig
zufrieden mit dem Leben hier
Bibberli = Pickel
schutta = kicken
Bua = Bauer
luaga = schauen
auf wiederluaga!
Scheiss dir nix
Kümmer dich um dich
Kümmer dich um die anderen
die Menschen
die Tiere
die Natur
Aber scheiss dir nix
Die Bank im Schatten. Im Holz warme Sonnenreste. Sie war grade noch da.
Erste Texte der Anderen, die hier studieren, gehört.
Vieles davon zum Freuen (H.: „Ein Badezimmer ist eine gute Idee“)
In den Texten ist etwas Helles, ein Licht.
Womöglich: Tun sich in Biel die Gedanken leichter?
lässig / zulässig / unzulässig
lovely / lonely
im Stande / nicht im Stande
sing / sang / sink / sank
es freut / reut mich dich zu sehen
fallsd fallst gib Bescheid
Alle Einsamen einsammeln. (auch Socken)
(bilinguale Busfahrt durch Biel:)
Worte nicht verstehen, ist das eine.
Blicke nicht verstehen, Traurigkeit.
„Verschwitzt ist ein gutes Wort für vergessen.“ – P.H.
im traum mit mir selbst telefoniert: „saures schmeckt viel geiler als im ofen gebackenes!“
Die 10 heilsamen Qualitäten (Pali-Begriff „parami“): Großzügigkeit, Moral, Verzicht, Weisheit, Energie, Geduld, Wahrhaftigkeit, Entschlossenheit, liebevolle Güte, Gleichmut
Geburtstag in Triest, der Nino singt:
„Du denkst an deine Freunde
Sie denken auch an dich
Du denkst an ihr Gesicht
Du bist so in sie verliebt
Oh, das Fenster, es ist offen
Du kennst die ganze Welt
Und weißt es ist nix gebrochen
sondern nur geprellt“
Oktober
Meine Krankheit ist das Drinnenbleiben.
Das Universelle der Gefühle. Die Angst nach dem Knall. Dann die Freude über die Birne.
vom Fußball geträumt. Verstörung.
Fußball gespielt. Wieder gut.
höre dich von weit
und sehe ein
wie schön du bist
mit schal
M. sagt: TEA – the 3 essences of life: time, energy, amore (ich glaub ihm, ihm glaub ich alles)
Aufpassen mit der Idee, ich muss immer alles verstehen.
Aufpassen mit der Idee, es muss immer alles verstanden werden.
der Regen bringt dich heim. Amore, Torino
Ich weiß nicht genau, woher die Liebe zu Italien kommt, aber es ist sicher eine Bequemlichkeit auch. Aber auch das Gefühl von Verwandtschaft, von Nachbarschaft. Italien ist mein Nachbar. Zu ihm hin, kurz rüber, einen Kaffee trinken. Danach ist immer alles besser. Oder anläuten und fragen: Hast du vielleicht Zucker? Italien sagt immer ja.
Wie ein hustendes Kind, ja, so riecht der Herbst.
Hochgefühl beim Anblick der leeren Metzgerei: Welt wird vegetarisch!
Ruhig auch mal forsch sein. Die Natur ist auch nicht immer nett.
Freude beim darüber Schreiben was anwidert. Welche Freude?
Mag diese flüssigen vollen Stifte. Wie ich flüssige volle Lippen mag. Nicht jeder Überfluss ist sinnlos. Überschwemmung fruchtbares Land
Schatten legt sich über Licht, geschrieben auf Papier auf dem’s passiert.
Gerade unsicher. Gerade Unsicherheit. Nur eins (dann doch): dass du mir fehlst
einen komischen Vogel sehen und fragen: Bist du ein Kauz?
Hab ein Loch im Leiberl. Was ist das Problem? Steht für Armut, vielleicht auch Faulheit (hat der Typ Ungeziefer daheim?) Wunsch nach Makellosigkeit. Auch mehrere Gelsendippel. Was ist das Problem? Sie jucken, sind unangenehm. Geist will Unangenehmes vermeiden. Das Unangenehme aussperren, wenn möglich töten.
– Gedanke in einer Kirche: Das Unangenehme annehmen. Ist Jesus am Kreuz genau das?
Der mit dem Tattoo und der Traurigkeit im Gesicht.
Der Duft der Mandarine. Allein für den zahlt sich alles alles aus. Allein für den Schnüffler im Zug.
„Wenn es runtergeht wie Butter, ist es vermutlich Propaganda.“ – M.R.
Baum
was willst mir sagen
Baum
irgendwas willst sagen
warum sonst
stehst da
jeden Tag
stehst da
vor dem Haus
irgendwas willst sagen
doch ich versteh dich nicht
November
Aus der Mauer wachsen wadenhohe Büsche. Was wird werden aus euch? (winter is coming)
Ob es stimmt, dass Katzen von Milch Durchfall bekommen? Neben mir sitzt eine. Ich öffne die kleine Panna per Caffé (15% Fett). Katze macht Kreisbewegungen mit Pfote. Ich will die Kellnerin fragen, wie die Katze heißt. Entscheide mich dagegen. Vielleicht will die Katze gar nicht so heißen. Ich stell ihr den Milchersatz hin. Sie leckt. Irre wie verschieden wir sind, gleichzeitig wie gleich.
(beim anblick der frau mit gipsbein:) lange schon hatte ich keinen bruch mehr, weder knochen noch mental, hie und da eine zerrung ein ziagal ein ziehen an den dingen an mir
„Wir träumen immer von der Idealvorstellung, von der perfekten Welt. Die gibt es aber nicht. Praktisch jeder Mensch macht Fehler, beruflich wie privat. Das passiert, so ist das Leben. Wären im Fußball alle fehlerlos, würde ja jede Partie 0:0 enden.“ – M.H.
Dass mir Zucchini in Streifen näher sind als in Scheiben.
Wohlwollend will ich leben.
Heute nicht geschrieben. Heute gekocht, gekackt, getanzt. Auch gut.
ihr pullover hatte die selbe farbe wie mein kopfhörer. die zwei mochten sich. wir zwei uns weniger.
– genossen das Gebimmel
hab mich in Windstille verliebt
und später noch in Brennnessel
In Genoa um das blau-weiß-rot-schwarz-weiß-blaue Balkenmuster zu sehen ohne das es das grün-weiß-rot-blau-weiß-grüne Balkenmuster, das mir aufs Herz gepinselt ist, nicht gäbe. In Genoa nicht um Sampdoria – Roma zu sehen, sondern um die Kurve zu sehen, von der jene gelernt haben, von denen später ich gelernt hab, was das heißt: eine Fahne wehen.
Lokal in Genoa. Satin in Grün. Ich glaube an diese Stühle.
Banane gewonnen (bei Würfelspiel in Bern)
„If you want to understand the mind sit down and observe it.“ – J.K.
Vom Verlieren lernst die Liebe.
Das Verlieben versteht weniger von der Liebe als der Verlust.
Freunde dich mit dem Verlieren an. Es weiß, wo die Liebe wohnt (homeparty)
Losing will teach you how to love.
– vielleicht keine guten Sätze, aber ein Gefühl von etwas verstanden haben
das Leben deshalb verkünstlichen, weil das, was als normal, also natürlich gilt, unnatürlich ist (was nix heißt)
ficken. mag das wort nicht. auch sex nicht. lieber das wiener wort: budan. ich mag den klang. vielleicht weil ähnlichkeit zu buddha. ich will mit dir buddhan, erleuchten, licht werden, eins werden.
ein kind kraxelt auf einen baum. was ein glück, allein zu sein.
schlendrian, haglich, ach, wien, meine sprache
manchmal geh ich abends raus um eine zigarette zu rauchen
manchmal in hausschuhen
manchmal in schuhen
einmal war ein mann mit einem hund da
aber meistens ist niemand da
dann bin ich allein
und rauche
neben dem bach
der fließt
und rauscht
die ganze zeit
papeterie: preispickerl von bleistift sinkt zu boden (die preise leiden)
„Ich will, dass man meinen natürlichen Gang sieht, so stolpernd er auch ist.“
– M.d.M.
Unten ist es auch schön, aber schöner ist es om.
Gefühle für den Bonsai im Zimmer. Er wird langsam / immer lichter. Wie der andere im Zimmer. Der ihn ansieht.
Wie die Zeit verschieben auch wir uns (ohne Rückwärtsgang nach Tokio)
wehende wipfel
heute keine worte mehr
herz hängt im hoden
meine liebe ist transit
„Das Kostbarste was du hast, sind deine Beziehungen.“ – L.B.
Kreativität ist das Wort derer, die ihr Kind ihr inneres in Keller sperren.
Das Kind sagt nicht: Lass uns kreativ sein. Es ruft „Lass uns spielen!“
Wie andere Klavier oder Geige, so will ich Schreiben spielen.
Was tötet, ist 100% Anwesenheitspflicht, sagt einer im Pausenhof.
Sogar Klopapier ist stärker als du, sagt L. am Gang.
Halbe Melone
Von Wespen zerstochen
Wild life
Nimm deinen Lauf
Schön, bist du da! (schweizer version von „dass du da bist“)
Laternenkinder in Zweierreihe / Hinter ihnen die Eltern / Neben ihnen der Fluss / Vor ihnen Finsternis
DEZEMBER
an die Arbeit / an die Aare
der satz der sich durchzieht durch die gänge das wiederkehrende mantra der loop die durchsage also durch die lautsprecher im land der leisesprecher durch sie hindurch und hinein in die köpfe in alle köpfe: frisch & günschtig de preiskracha von de migros
In Wien wärs ein Lacher.
Nur wenige Traditionen, die es heute noch gibt, gab es schon zu Ur-Großvaters Zeiten. Ein paar wenige, der Nachkommenschaft sei Dank, haben dann doch überlebt – zum Beispiel Fremdenfeindlichkeit oder Spinat mit Spiegelei und Püree an Gründonnerstag. Diese Traditionen hochhalten (mit der einen Hand) und (mit der anderen) die Nationalflagge schwenken, die im Wind weht, wie das Massen-Ich im Wind weht und singt und fröhlich singt und klatscht und unter die Tische brunzt im Bierzelt, hollodaridio hollodaro, wos sogst denn do?
Busstation. Die Spiderman-Maske steckt den Halm in den Choco-Drink, sie biegt den Halm um 90°, justiert noch einmal nach, und trinkt. (genüsslich) Die Mutter der Spiderman-Maske hängt am Handy, und liked. (ebenbürtig)
ein schönes wort: einwanderer
jede nacht einschlafen
mit wäsche
die gewaschen
aus der maschine
im kinderzimmer
frisch und feucht
die erinnerung
daran
der duft
fängt zuhause an
zufriedenheit ist eine unart
manieren sind eine unart
sei auch du eine unart
und herst
jetzt sag amal
danke (auch zu dir)
Innenschau / Innenshow
(Oma um Weihnachten:)
Die Kinder kommen
Die Kinder gehen
Und allein bleibst du
Instrumente liegen am Kirchenboden, andere werden von Kinderkörpern gehalten. In einer der hintersten Reihen raschelt eine Frau im Zellophansäcklein.
(Wien Hauptbahnhof, Dialog zwischen zwei Älteren:)
Die fahrt sicher nach Bratislava.
– Ja, die hat so ausgschaut.
Ingwer-Karotten-Salat, Rezept / Machart, M. schreibt: needs to be shredded before and then chopped up, remember soya instead of salt, sugar, white vinegar, sunflower oil and of course, love, ciaoo
In kurzen Kinderhosen, sagt H. (zu allen, zu meiner Freude)
JÄNNER
Erfahrung schadet der Erfahrung.
Ohne Vorurteil, ohne Vorwissen sein.
Wie zum ersten Mal einen Topf waschen.
Wie zum ersten Mal ein Gesicht sehen.
Wie zum ersten Mal Eleanor Rigby hören.
Einfache Dinge tun.
Nachts im Bus. Vorne die Alten, die Hände im Haltegriff, hinten das Kreischen der Jugend.
Heute, warum auch immer, das Wort Regen von hinten nach vorne gelesen. Danach gewünscht, ich hätte nicht.
Gutes Gelingen! (ganz generell)
wenn sie einsam wurde neben mir
rief sie in die welt hinaus
wählte eine nummer
und kam nie wieder
zurück als die sie war
vor mir stand gellend lachend nun
eine andere, ein anderes gesicht
einzig ihre rechte hand
und das gerauchthaben
das von ihr ausging
kamen zurück
als ganz die alten
(Weltformel #1:)
Kren, Holz, Honig
Von der Anzeigetafel runter schickt die Zeit, im Angesicht, ein Bussi.
Einen Menschen nicht nur als den sehen, der er ist. Etwas offen lassen. Die Möglichkeit zu werden.
Zürich, Bahnhof, die ersten Menschen. Oder: Geschwindigkeit ist Mord.
Am Fenster gesessen, gefurzt, gedacht: open end ist ein gutes Synonym für das Arschloch.
kinder turnen auf zugsitzen, erwachsene kratzen sich die köpfe
Wenn, wie hier, ein Text so schlau, so präzise ist (ohne gleich höflich zu werden), man sich aber selbst gleichzeitig nicht (nur) dumm fühlt beim Lesen, nicht, weil man alles versteht, aber doch, immerhin, versteht, dann scheint eine kleine, dumme Sonne auf im Hirn drin.
Ein Fluss ist ein guter Umgang (auch Einfluss etc.)
es könnte auch ganz anders sein (erleichterung im schotter)
Dort, wo gesagt wird DA KANN MAN SAGEN, WAS MAN WILL kommt oft das ABER noch zum Schluss.
Wir schulden der Welt das Aber in unserm Glauben, wann glaubst du?
Qu’est-ce que tu veux?
Bitte nicht verstellen! (gesehen unterm Lichtdimmer)
Die Stille, wie ich ihr begegne, ist beige.
parler-vrai (wahrsprechen)
alles, was schöner ist als ein affe, ist luxus, zitiert r. am bahnhof seine oma
il sud tira mi su
schöns tagli, wünscht der verkäufermann und reicht mit geschwärzter hand das säcklein maroni
l’ultima luna
Wir haben Glück. Eine Gondel für uns allein. Niemand sonst ist eingestiegen. Wir schweben auf 3000 Metern und ich frage dich, ob du nicht auch denkst, dass… und du sagst, ach was. Auch weil du es dir abgewöhnt hast, mich ernst zu nehmen. Schau!, rufst du. Und ich schaue – wie du an den Flügeln des Greifers klebst, völlig vereinnahmt von diesem Vogel. Kleine Kopfbewegungen, Korrekturen, du folgst ihm, bis ihr synchron seid, im Takt, getragen von Thermik, der Steinadler und du, und ich sehe wie sich etwas verschiebt in deinem Gesicht, so als hätte jemand die Schrift von normal auf kursiv gestellt, ich schau dir mitten ins Glück, wie du da stehst auf dem Gondelboden und fliegst. Schau doch, sagst du. Meine Augen sollen weg von dir, rüber zu ihm. Du willst deinen Adler mit mir teilen. Willst mich dabei haben. Ich möchte nicht. Möchte bleiben. Jetzt schau endlich. Und nochmal. Das Unnachgiebige gehört zu dir, und du gewinnst und ich verlier. Kursiv schauen wir in den Himmel.
Es war unser erster Tag. Es war ein März in einem Lebensmittelgeschäft in einer Straße, die zu klein ist, um Straße genannt zu werden. Kollegen sollten wir sein. Du warst die Schlaue, die Schöne, die Gutgelaunte, du warst irgendwie viel zu viel. Du hattest Auslandssemester, Travelerstories und Augen. Ich dachte schon damals, dass die Farbe Blau nur deshalb eine warme Farbe ist, weil sie die einzig wirklich vertretbare Pulloverfarbe ist. Du hattest deinen Wollpulli an und warst auf eine Weise da, die nicht nur mir unangenehm sein konnte. Neben dir zu sitzen hieß neben dem Lebensentwurf zu sitzen, den man selbst nicht hinbekommen hat. In mir war kein Begehren, vielmehr ein Gefühl der zweiten Reihe. Du warst der Mensch, der ich gerne gewesen wär.
Unter uns die Bodenlosigkeit, über uns das Jenseits. Du singst in die Gondel und tanzt die letzten Akkureste des iPhones leer. Als es stumm wird, neigst du den Kopf und nuschelst etwas, das ich nicht versteh, und dann, diesmal deutlich, dass du Lucio Dalla magst. Ich denke daran, was das heißt, jemanden zu mögen. Und frage dich, ob wir Freunde wären, wenn wir nicht… und du sagst, es beginnt gleich zu regnen. Ich denke, dass du, entgegen meiner ursprünglichen Vermutung, schon damals, bei unserem ersten Treffen, lädierst warst, auf mir ebenbürtige Weise, und ich frage dich, ob wir nach Bologna ziehen. Und du sagst, Zu den Steinadlern! Und ich denke an Cilento, an Procida und an Francesco, den Obstverkäufer. An den bitteren, roten Salat und wie gesund der wohl war. Ich habe mich, das scheint mir immer klarer, in jenen Tagen und Wochen, als wir uns kennenlernten, ohne es zu merken, in einen lädierten Clown verliebt. In diesen auf Eleganz scheissenden, breitbeinigen Gang. In dieses vorwärtsgewandte Stolpern und diese dir typische tollpatschige Traurigkeit, die du immer verstecken wolltest. Nicht in die Seeaugen; in die Schlucht, die unter ihnen liegt hab ich mich verliebt.
Bevor du da warst, war ich ein Stein. Und keine Ahnung, ob du weißt, wie du es geschafft hast, den weich zu bekommen, durchlässig zu machen, ihn aufzuweichen, mit allen Konsequenzen. Tränen, lächerliche Tränen, bei denen nicht klar war, warum, weil ja nichts geschehen war, außer einer Folge Dawson’s Creek. Du hast mich ausgelacht und ich mochte das. Wir hatten Sex und manchmal mochte ich sogar das. Ich stehe neben dir auf dem Gondelboden und denke, dass du ein Spermium warst und ich eine Eizelle. Dass du so klein warst wie mein Fingernagel und wie lange das schon her ist und warum erzählst du so wenig, wie es war damals, im Mutterleib, am Bauernhof und später im Ballet. Ich frage mich, ob es ebenso schwer war mit Ballet aufzuhören wie mit Fußball. Und denke daran, zu sterben. Und wie unpassend und pathetisch das jetzt ist. Unsere Körper werden verfallen, das sicher, sie werden verfaulen und ich sehe Hologramme der dunkelbraunen Altersflecken auf deiner und auf meiner Hand.
Die Welt von gestern und die von morgen und wir in der Mittelstation. Deine Hand streicht über die Sitzbank. Was man aus so einer Gondel alles machen könnte, eine Kiste mit Erde, da pflanzen wir Radieschen, ein paar Bücher, sagen wir fünf pro Nase, und da eine Herdplatte. Ja! Und eine Sauna! Ich denke daran, dass wir uns lieber ein Moped kaufen sollten. Weil Mopedfahren super ist. Und weil ich, um die Gel-Frisur nicht zu beleidigen, das Mopedfahren immer vermieden hatte. Ich denke, dass sich nicht nur meine Haare verändert haben. Und es Zeit wird, die Kappe runter zu geben. Dass weder du noch ich jemals Crossfit machen werden, und dass ich dich nicht nur deshalb liebe.
Es war unsere erste Nacht. Deine halbhohen Lederschuhe, Größe 41, standen im Vorzimmer. Wie lange du mit dem Baum vor dem Fenster beschäftigt warst. Es war mir ein Rätsel. Wie dein Knie neben meinem lag. So rastlos, wackelig. Damals wusste ich noch nicht, wie es sein wird, die Distanz zu verlieren. Beinah jeden Tag im Neben- und Miteinander zu verbringen. Ich muss denken an ein „Guten Morgen“ und daran, wie viel lieber ich doch alleine bin in der Früh. An den Steinboden Neapels muss ich denken und an das Meer. Und an alle Meere. An den Flughafen in Yangon und an alle Flughäfen und Bahnhöfe und ich frage, nicht ohne Dankbarkeit, warum ich hier immer so viel mehr zuhause bin.
Woodstock ist lange vorbei. Die Doku, die wir im Hochbett gesehen und dann doch nicht gesehen haben. Stattdessen haben wir uns angeschaut. Nie hast du gefragt, wer ich bin, immer nur angenommen, mich genommen, wie ich war, sagen wir meistens, manchmal auch nicht, da fehlt mir die Drastik, oder dir, ich weiß es nicht. Ich denke an die kaputte Klospülung in der Via Duomo und an die Tage in den Dolomiten, an meine Panik vor den Kühen und wie wenig Angst du immer hast. Und wie viel Angst du immer hast. Aber, weißt du noch, das Stiegenhaus, das Fensterbrett im sechsten Bezirk oder der furzende Esel und der heulende Hund, die Schafe? Ich denke an Luigi, den Mechaniker, und wie es dem gelben Panda jetzt wohl geht. Und an das Knabberzeug in der Strandbude, das eigentlich etwas anderes hätte sein sollen und was es wohl aussagt über uns, was dieser Teller mit Oliven, Grissinis und Salzstangen, was dieser Snackteller, der so ziemlich das Gegenteil dessen war, was wir wollten, wir aber gleichzeitig zu unkompliziert veranlagt waren, um es zu ändern. Oder das Eis, das ich dann bestellt hab, nur um das irgendwie zu retten. Nichts als Bauchweh ist mir davon geblieben. Bauchweh und du.
Vom Dach ein leises Trommeln. An den Scheiben häufen sich die Tropfen. Ich weiß nicht, wie alt ich bin, wie alt du bist und wie teuer die Suppe auf der Hütte gestern war. Unsere Gondel fährt. Solange sie sich bewegt, bewegen auch wir uns. Auf und ab. Dem letzten Mond entgegen.
In: EBEN Magazine
Eine Woche Monobloc
Ein Selbstversuch für das Fleisch Magazin, der daraus bestand, eine Woche lang auf nichts anderem zu sitzen als auf diesem Plastiksessel. Also auch im Bus, im Büro, im Lokal, überall. Und dann? Dann aufschreiben, was passiert. Der Text wurde auch ins best-of-Buch vom Fleisch aufgenommen (https://www.fleischmagazin.at/index.php/2-magazin/10-fleisch-das-buch) Einige Auszüge:
https://www.fleischmagazin.at/index.php/2-magazin/10-fleisch-das-buch








